Stellungnahme
11. Januar 2023
Siegener Zeitung ohne Journalismus?
Anlass dieses Kommentars ist ein Artikel in der Siegener Zeitung (“Lehrerin ist in der Querdenker-Szene aktiv”. 7.1.23, S. 3). Der Artikel wirft unter anderem die Frage auf, was die Siegener Zeitung eigentlich noch mit Journalismus zu tun hat.
Regierungspostille oder was?
Mit Beginn der Verweigerung von Grundrechten durch die Regierung angeblich wegen einer Pandemie, also seit mindestens drei Jahren ist die Siegener Zeitung (SZ) als Kontrollinstanz der Macht ausgefallen. Sie scheint das vom Leiter des Robert-KochInstituts ausgegebene Motto - “Folgen, nie hinterfragen.” - verinnerlicht zu haben. Die pauschale Begründung “wegen Corona” soll genügen, um Einschränkungen der Grundrechte zu akzeptieren. Und so mangelt es in der SZ an Nachfragen, Aufklärung von Widersprüchen und Recherche abseits regierungstreuer Institutionen. Statt journalistische Sorgfaltspflicht ein nahezu kritikloses Wiederkäuen von Regierungsansagen.
Der Regierungskritiker als Feind
Unterbleibt der politische Diskurs, wird eine Gesellschaft uniform. Werden sogenannte “Corona-Maßnahmen” ohne Prüfung ihrer Verhältnismäßigkeit abgenickt, nähern wir uns militärischen Strukturen mit Befehl und Gehorsam. Wenn die SZ diese Entwicklung mit Ausgrenzung von Kritikern unterstützt, wirkt sie an totalitären Tendenzen mit.
Statt die Regierung mit Einwänden gegen ihre Politik zu konfrontieren, macht die SZ einen Sack auf, stopft alle Kritiker rein, - ob bürgerliche Demonstranten, Persönlichkeiten mit ausgewiesener Expertisen oder international renommierte Wissenschaftler. Sie labelt den Sack mit “Querdenker” und haut immer mal wieder drauf. Auch wenn sie einzelne Personen ins Visier nimmt, kennt sie kein Pardon.
Publizistischer Konformitätsdruck
Wer “Corona-Maßnahmen” kritisiert oder gar ablehnt, der muss mit wenig freundlicher Erwähnung in der SZ rechnen. Einen ganzen Artikel widmete die SZ einem Arzt, der gegen die Impfpflicht demonstrierte. Und letzte Woche nahm sie sich eine Lehrerin vor, die es doch tatsächlich wagte, eine eigene Meinung zu haben.
Der Artikel beginnt süffisant mit der Feststellung, dass auch eine Lehrerin Grundrechte hat. Und damit könnte der Artikel auch gleich wieder enden; denn alles was folgt, zeigt nur, dass die Lehrerin ihre demokratisch verbrieften Rechte verantwortungsbewusst nutzt, und genau dafür sind Grundrechte da. Dagegen publiziert die SZ unbekümmert Daten aus einem Chat. Der Gruppe auf Telegram wird gleich noch ein dubioses Umfeld angedichtet ungeachtet der Tatsache, dass auch FAZ, Süddeutsche Zeitung und viele andere Verlags- und Medienhäuser mit eigenen Kanälen auf Telegram vertreten sind.
Der aktuelle Kommentar Team Presse - 11. Jan. 23, S.2 Mit ihrer eigenwilligen Interpretation zum Bekenntnis der Lehrkräfte zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung beweist die SZ eher ihre eingangs erwähnte Rückwärtsgewandtheit denn Realitätssinn. In einer Demokratie können Grundrechte nicht durch Loyalitätspflichten beseitigt werden. Die Neutralitätspflicht der Lehrkräfte bedeutet gerade, das Für und Wider auch hoheitlicher Maßnahmen zu erörtern. Das entspricht klar der Landesverfassung und dem Schulgesetz NRW, die eine Erziehung “zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen” fordern. Die angegriffene Lehrerin weiß das. Die SZ hat es immer noch nicht gelernt oder will es gar nicht wissen.
Bildungsferne Zeitung?
Nichtwissenwollen und die Unfähigkeit, mit einer für Demokratie unabdingbaren Meinungsvielfalt rational umzugehen, macht aus der SZ ein bildungsfernes Biotop. Aus Perspektive der von der Zeitung angegriffenen Demokraten ist die Zeitung einfach nur böse.
Ausblick
Ob die Siegener Zeitung noch zu einer guten Zeitung werden kann, hängt vom Willen ihrer Macher ab. Das journalistische Knowhow hat sie. Das dazu passende Niveau kann sie erreichen, wenn sie sich von den Fesseln eines obrigkeitshörigen Denkens befreit. Die Zukunft wird zeigen, ob sie den Mut dazu aufbringt